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Rauschgeräusche

Wie mann durch Rauschgeräusche besser einschlafen kann

Nahezu die Hälfte der Deutschen leidet unter schlechtem Schlaf. Das ist besorgniserregend, da Schlafstörungen oft der Auslöser für gesundheitliche Probleme sein können. Ein neuer Trend verspricht jedoch Abhilfe: Einschlafen mit beruhigendem Rauschen.

Rauschgeräusche für besseren Schlaf oder überschätzter Trend?

In den letzten Jahren haben weißes, pinkes und braunes Rauschen einen regelrechten Boom in den sozialen Medien, bei Lifestyle-Influencern und in Elternratgebern erlebt. Die Versprechen rund um diese Geräusche sind vielfältig: Sie sollen Tinnitus lindern, die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern und sogar den Schlaf fördern. Doch wie viel ist wirklich dran an diesen Behauptungen?

Dass Lärm nicht nur störend, sondern auch wohltuend sein kann, mag zunächst paradox erscheinen – so sieht es auch Schlafforscher Mathias Basner. “Als ich gehört habe, dass sich so viele Menschen diese Geräuschquellen ins Schlafzimmer holen, dachte ich: Das ergibt doch keinen Sinn.” Basner erforscht die Auswirkungen von Geräuschen und Lärm auf den Schlaf und hat sich dabei auch intensiv mit dem Thema Rauschen beschäftigt.

Was sind pinkes, weißes und braunes Rauschen?

Rauschtöne sind unterschiedliche Arten von Geräuschen, die durch die Kombination verschiedener Frequenzen entstehen. Jede dieser “Farben” steht für eine spezifische Verteilung der Frequenzenergie im hörbaren Spektrum, das sich von 20 Hertz bis 20.000 Hertz erstreckt. Das führt dazu, dass die drei Rauscharten für das menschliche Ohr unterschiedlich klingen.

Weißes Rauschen

Weißes Rauschen erinnert an das gleichmäßige Summen eines Ventilators oder das Rauschen eines nicht eingestellten Radiosenders. Es entsteht dadurch, dass es alle für den Menschen hörbaren Frequenzen gleichmäßig abdeckt, was zu einem eher scharfen Klang führt.

Einschlafen mit Rauschen

Rosa Rauschen

Rosa Rauschen klingt dagegen etwas sanfter als weißes Rauschen und erinnert an leichten Regen oder das Rascheln von Blättern. Auch rosa Rauschen umfasst alle hörbaren Frequenzen, jedoch sind die tieferen Töne lauter, was einen weicheren, ausgewogeneren Klang ergibt und es angenehmer macht.

Braunes Rauschen

Braunes Rauschen, oft auch “Red Noise” oder “Brownian Noise” genannt, hat seinen Namen von der Brownschen Bewegung, einer zufälligen Bewegung kleiner Teilchen, die 1827 von Robert Brown entdeckt wurde. Akustisch ähnelt es dem Klang eines Wasserfalls oder starkem Regen, der auf ein Dach prasselt, und wird als das tiefste der drei Rauscharten wahrgenommen. Dieser tiefe Klang entsteht, weil die tiefen Frequenzen verstärkt und die hohen Frequenzen abgeschwächt werden.

Wie könnte Rauschen den Schlaf verbessern?

Schlafforscher Basner erläutert, dass es verschiedene Theorien gibt, warum diese Geräusche Menschen beim Ein- und Durchschlafen helfen könnten.

Theorie 1: Rauschen als Geräuschüberdeckung

Laut dieser Theorie wirkt das Rauschen als eine Art Maskierung für störende Umgebungsgeräusche. Basner erklärt: „Ein kontinuierliches Hintergrundgeräusch kann einzelne Geräusche, wie einen vorbeifahrenden Lkw, überdecken, sodass man sie gar nicht mehr wahrnimmt.“ Der Schlafforscher hält es für möglich, dass diese Methode tatsächlich funktioniert.

Theorie 2: Rauschen schafft Gewohnheiten

Diese Theorie besagt, dass das Einschlafen mit Rauschen eine konditionierende Wirkung haben könnte. „Das geht in Richtung Schlafritual“, sagt Basner. „Wenn man ins Bett geht und das Rauschen einschaltet, signalisiert das dem Körper, dass es Zeit ist zu schlafen.“ Allerdings, so Basner, muss es nicht unbedingt Rauschen sein – auch das Ritual, jeden Abend einen Tee zu trinken, kann diesen Gewöhnungseffekt hervorrufen.

Theorie 3: Rauschen als direkte Schlafhilfe

Eine weitere Annahme ist, dass weißes, pinkes oder braunes Rauschen direkt schlaffördernd wirkt, da die enthaltenen Frequenzen eine beruhigende Wirkung auf das Gehirn haben könnten. Doch an dieser Theorie äußert Basner Zweifel.

So effektiv ist das Rauschen

Die tatsächliche Wirkung von „Farb-Rauschen“ auf den Schlaf ist umstritten. Während einige Studien positive Effekte auf den Schlaf feststellen, warnen andere vor möglichen negativen Auswirkungen.

Schlafforscher Basner und sein Team haben rund 35 Studien zu diesem Thema analysiert. Ihr Fazit: „Nach der Auswertung mussten wir feststellen, dass man derzeit nicht eindeutig sagen kann, ob es funktioniert, nicht funktioniert oder vielleicht sogar schädlich ist.“ Kurz gesagt: Die Studienlage ist noch zu dünn. Zum einen wurden zu wenige Menschen untersucht, zum anderen sind die eingesetzten Methoden oft noch zu ungenau.

Video: Rosa Rauschen erklärt

Es ist zur Vorsicht geraten

Wer zum Einschlafen auf weißes, pinkes oder braunes Rauschen setzt, sollte vorsichtig sein. Sowohl das Gehör als auch das Gehirn benötigen Erholungsphasen. „Hören ist ein aktiver Prozess, bei dem Stoffwechselprodukte entstehen, die langfristig das Gehör schädigen können. Die Nacht ist eigentlich die beste Zeit für das Gehör, diese Stoffwechselprodukte abzubauen und sich zu regenerieren,“ erklärt Schlafforscher Basner.

Er empfiehlt daher, eine Lautstärke zu wählen, die angenehm, aber nicht belastend ist. Es gibt zwar keine festgelegte Empfehlung, aber einige Studien schlagen für Kleinkinder etwa 40 Dezibel vor. Zusätzlich rät Basner, einen Timer zu verwenden, der das Rauschen nach einer Weile automatisch ausschaltet. So kann man die beruhigende Wirkung zum Einschlafen nutzen und gleichzeitig mögliche negative Effekte vermeiden.

Wer Rauschen ausprobieren möchte, findet auf Plattformen wie YouTube und Musik-Streamingdiensten wie Spotify zahlreiche Videos und Playlists unter den Titeln „White Noise“, „Pink Noise“ und „Brown Noise“. Dennoch betont Basner, dass weitere Forschung notwendig ist, um endgültig festzustellen, ob diese Geräusche mehr Vor- oder Nachteile haben.