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Illustration wie melatonin auf das Gehirn wirkt

Melatonin: Wirkungen und Nebenwirkungen

Guter Schlaf spielt eine entscheidende Rolle für unseres Wohlbefinden im Alltag. Wenn wir gut schlafen, fühlen wir uns fitter, wacher und energiegeladener. Deshalb greifen viele Menschen bei Schlafproblemen auf natürliche Unterstützung durch Melatonin zurück. Melatonin ist ein natürliches Hormon im Körper, das eine wichtige Rolle bei der Regulation unseres Schlaf-Wach-Rhythmus spielt. Doch kann die Einnahme von Melatonin in Form von Tabletten, Sprays und ähnlichem Nebenwirkungen haben? Und wie genau wirkt Melatonin eigentlich? Dies schauen wir uns nun gemeinsam genauer an.

Was ist Melatonin?

Melatonin ist ein natürliches Schlafhormon, das in der kleinen, aber wichtigen Zirbeldrüse unseres Gehirns produziert wird. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung unseres Schlaf-Wach-Rhythmus, auch bekannt als zirkadianer Rhythmus.

 

Wie wirkt Melatonin?

Wenn es abends dunkel wird, steigen in der regel die Melatonin-Werte. Dies signalisiert deinem Körper, dass es Zeit wird, schlafen zu gehen. Höhere Melatonin-Werte helfen einem Müde zu werden.

Licht und Dunkelheit: Dein Körper reagiert auf Licht und Dunkelheit. Wenn es draußen dunkel wird, sei es am Abend oder in einem dunklen Raum, beginnt die Zirbeldrüse in deinem Gehirn mit der Produktion von Melatonin. Umgekehrt hemmt Licht die Melatonin-Produktion in deinem Körper.

Schlafenszeit: Das ausgeschüttete Melatonin signalisiert deinem Körper, dass es Zeit ist, sich auszuruhen. Es macht dich müde und entspannt deine Muskeln.

Biologische Uhr: Melatonin folgt deiner inneren Uhr. Das bedeutet, es passt sich deinem persönlichen Schlaf-Wach-Rhythmus an. Wenn du normalerweise um 22 Uhr schlafen gehst, wird Melatonin zu dieser Zeit aktiv.

Erholsamer Schlaf: Melatonin trägt dazu bei, dass du schneller einschläfst und tiefer schläfst. Dieser tiefe Schlaf ist der Zeitpunkt, an dem dein Körper sich regeneriert und Muskeln aufbaut, was besonders für Sportler von Vorteil ist.

Welche Melatonin-Produkte gibt es?

In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind verschreibungspflichtige Melatonin-Präparate für bestimmte Anwendungsgebiete erhältlich:

Schlafstörungen bei Menschen ab 55 Jahren: Zur Verbesserung der Schlafqualität kann ein Arzt Melatonin verschreiben, wenn die Schlafstörungen nicht auf körperliche oder psychiatrische Ursachen zurückzuführen sind (primäre Insomnie). Diese Anwendung ist nur kurzfristig vorgesehen.

Melatonin

Schlafstörungen bei Minderjährigen: Ein Melatonin-Medikament ist für Kinder ab zwei Jahren und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen und/oder dem Smith-Magenis-Syndrom zugelassen. Es kann verschrieben werden, wenn andere Maßnahmen zur Schlafhygiene, wie regelmäßige Schlafenszeiten, nicht geholfen haben.

Jetlag: In Deutschland ist auch ein verschreibungspflichtiges Melatonin-Präparat zur kurzzeitigen Behandlung von Jetlag bei Erwachsenen zugelassen. Seit März 2022 ist es jedoch als Lifestyle-Arzneimittel eingestuft und somit nicht mehr erstattungsfähig. Diese Zulassung gilt nicht für Österreich und die Schweiz.

Neben diesen verschreibungspflichtigen Melatonin-Tabletten bieten Apotheken in Deutschland und Österreich auch frei verkäufliche Melatonin-Präparate als Einschlafhilfe an, wie Kapseln, Sprays oder Tabletten. In der Schweiz sind Melatonin-haltige Nahrungsergänzungsmittel hingegen nicht erlaubt.

Wie wird Melatonin angewendet?

Die empfohlene tägliche Dosierung von Melatonin und die genaue Anwendung hängen vom jeweiligen Anwendungszweck ab.

Schlafstörungen ab 55 Jahren

Die verschreibungspflichtigen Melatonin-Präparate für Schlafstörungen bei Menschen ab 55 Jahren enthalten eine Dosierung von zwei Milligramm. Diese Retard-Tabletten setzen den Wirkstoff verzögert frei.

Betroffene nehmen am Abend eine Melatonin-Tablette zum Einschlafen ein, idealerweise nach der letzten Mahlzeit und ein bis zwei Stunden vor dem Zubettgehen. Die Tablette muss unzerkaut und unzerdrückt geschluckt werden, da sie sonst ihre verzögerte Freisetzung verliert.

Das Melatonin-Präparat ist nicht für eine Daueranwendung geeignet. Es sollte nur maximal 13 Wochen lang und in Absprache mit dem Arzt eingenommen werden. Wenn die Schlafstörungen weiterhin bestehen, ist eine erneute Rücksprache mit dem Arzt notwendig.

Video: Melatonin – Alles was Sie wissen müssen

Schlafstörungen bei Autismus und/oder Smith-Magenis-Syndrom

Das Melatonin-Präparat für Kinder und Jugendliche mit Autismus und/oder dem Smith-Magenis-Syndrom kommt ebenfalls in Form von Retard-Tabletten und ist in Dosierungen von ein und fünf Milligramm erhältlich.

Die Behandlung beginnt normalerweise mit einer Dosis von zwei Milligramm. Wenn diese Dosis nicht ausreichend ist, kann der Arzt die Dosis auf fünf Milligramm erhöhen. Die maximale Tagesdosis beträgt zehn Milligramm.

Kinder und Jugendliche sollten die Tabletten eine halbe bis eine Stunde vor dem Schlafengehen einnehmen. Die Tabletten müssen unzerkaut und unzerdrückt geschluckt werden. Die Einnahme sollte nach einer Mahlzeit oder, bei Schluckproblemen, zusammen mit Lebensmitteln wie Joghurt, Orangensaft oder Eiscreme erfolgen. Solche Zubereitungen müssen sofort eingenommen werden und dürfen nicht für später aufbewahrt werden.

Es gibt Daten zur Melatonin-Einnahme über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren. Nach mindestens drei Monaten überprüft der behandelnde Arzt, ob das Medikament dem Patienten beim Schlafen hilft. Wenn es wirksam ist, wird der Arzt in regelmäßigen Abständen beurteilen, ob die weitere Anwendung weiterhin notwendig ist.

Jetlag

Erwachsene mit Jetlag-Symptomen sollten nach ihrer Ankunft am Reiseziel einmal täglich eine Melatonin-Tablette mit einer Standarddosis von drei Milligramm zusammen mit einem Glas Wasser einnehmen. Die Einnahme sollte zur Ortszeit vor dem Schlafengehen erfolgen, jedoch nicht vor 20 Uhr abends und nicht nach 4 Uhr morgens. Diese Anwendung sollte nicht länger als vier Tage dauern.

Falls die Dosierung von drei Milligramm die Jetlag-Symptome nicht ausreichend lindert, kann man auf höher dosierte Tabletten mit fünf Milligramm Melatonin umsteigen.

Zwei Stunden vor und nach der Einnahme sollte man nichts essen. Menschen mit erhöhtem Blutzucker oder Diabetes sollten das Melatonin-Präparat idealerweise frühestens drei Stunden nach dem Essen einnehmen.

Welche Nebenwirkungen hat Melatonin?

Im Allgemeinen sind Melatonin-Präparate gut verträglich, aber sie können dennoch Nebenwirkungen verursachen und sollten daher nicht bedenkenlos eingenommen werden.

Rezeptpflichtige Melatonin-Präparate für Schlafstörungen bei Menschen ab 55 Jahren können gelegentlich Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Migräne, Benommenheit, Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen, Übelkeit, Mundgeschwüre, Mundtrockenheit, Hautentzündungen, Hautausschlag, trockene Haut, Juckreiz, nächtliches Schwitzen, Schmerzen in Armen, Beinen oder im Brustbereich sowie ein Schwächegefühl verursachen.

Auch Wechseljahrsbeschwerden und Gewichtszunahme gehören zu den möglichen Nebenwirkungen von Melatonin. Dazu kommen gelegentlich erhöhter Blutdruck, Albträume, Angst, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Nervosität und Rastlosigkeit.

Selten können diese Melatonin-Medikamente Depressionen, Aggressionen, gesteigerte sexuelle Lust, Prostataentzündungen, Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen, verschwommenes Sehen oder Schwindel auslösen.

Das Melatonin-Präparat für Kinder und Jugendliche mit Autismus und/oder Smith-Magenis-Syndrom verursacht häufig Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen, Aggressivität, Reizbarkeit, Benommenheit, Kopfschmerzen, plötzliche Schlafattacken, Nasennebenhöhlenentzündungen, Erschöpfung und morgendliche Müdigkeit.

Die kurzzeitige Anwendung des Melatonin-Präparats gegen Jetlag kann laut Fachinformation Kopfschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Benommenheit, Tagesschläfrigkeit und Desorientierung hervorrufen.

Macht Melatonin abhängig?

An viele rezeptpflichtige Schlafmittel kann sich der Körper gewöhnen, nicht aber an die Einnahme von Melatonin. Die Gefahr einer Abhängigkeit besteht hier nicht.

Überdosierung oder falscher Einnahmezeitpunkt

Es ist wichtig, die richtige Menge Melatonin einzunehmen, da eine Überdosierung laut Fachinformationen hauptsächlich zu Benommenheit oder Schläfrigkeit führen kann. Bei der Anwendung des Medikaments gegen Jetlag können auch Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit als mögliche Anzeichen einer Überdosierung auftreten.

Zu viel Melatonin kann zudem den Schlaf-Wach-Rhythmus stören, ebenso wie ein falscher Einnahmezeitpunkt. Wenn das Melatonin-Medikament zum Beispiel mitten in der Nacht eingenommen wird, kann die schlaffördernde Wirkung möglicherweise bis zum nächsten Vormittag anhalten.

Diese Wechselwirkungen können bei Melatonin auftreten

Bevor Sie Melatonin-Präparate einnehmen, ist es ratsam, sich mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin abzusprechen, da Melatonin mit anderen Medikamenten interagieren kann. Dadurch kann die Wirkung von Melatonin oder anderen Medikamenten beeinträchtigt oder verstärkt werden, was möglicherweise zu vermehrten Nebenwirkungen führt.

Hier ist eine Liste von Wirkstoffen, die entweder nicht oder mit Vorsicht zusammen mit Melatonin eingenommen werden sollten:

  • Fluvoxamin und Imipramin (Antidepressiva)
  • Benzodiazepine (Schlafmittel wie Diazepam und Lorazepam)
  • Z-Drugs (Schlafmittel wie Zolpidem und Zopiclon)
  • Thioridazin (Antipsychotikum)
  • Methoxypsoralen (für die Phototherapie bei Psoriasis)
  • Cimetidin (Mittel gegen Sodbrennen)
  • Östrogene (z.B. in hormonellen Verhütungsmitteln oder Hormonersatzpräparaten)
  • Chinolon-Antibiotika (wie Ciprofloxacin)
  • Rifampicin (Antibiotikum)
  • Carbamazepin (Mittel gegen Epilepsie)

Darüber hinaus sollten Sie Melatonin nicht zusammen mit Alkohol einnehmen. Alkohol kann die Wirksamkeit von Melatonin auf den Schlaf beeinträchtigen.

Melatonin in der Stillzeit und Schwangerschaft

Es ist noch nicht ausreichend bekannt, welche Folgen die Einnahme von Melatonin-Tabletten während der Schwangerschaft für das ungeborene Kind haben könnte. Studien an Tieren legen nahe, dass das Hormon durch die Plazenta auf das Ungeborene übergehen kann. Aus Vorsichtsgründen empfehlen Experten Schwangeren, auf die Anwendung von Melatonin zu verzichten.

Natürliches Melatonin kann in die Muttermilch gelangen, was wahrscheinlich auch für von außen zugeführtes Melatonin gilt. Dadurch kann das Hormon in den Körper des Babys gelangen, jedoch sind die möglichen Auswirkungen bisher nicht bekannt. Experten empfehlen vorsichtshalber, Melatonin nicht gleichzeitig einzunehmen und zu stillen.